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Damals hatte die „Top-Zwei“ unter den Gastro-Guides meiner Lieblings-Hansestadt noch keinen Bericht dazu verfasst. In völliger Unvoreingenommenheit betrat ich also mit drei Damen und einer, die es sicherlich noch werden wird, im Schlepptau die auf dem ehemaligen Firmengelände der Firma Kelloggs, direkt neben den Hopfenhelden der Bremer Braumanufaktur ansässige Pizzeria von Onkel Manu aus Neapel.
Danke, lieber Hanseat1975, für den erstklassig recherchierten Vorbericht, der mir viele Anmerkungen zum Drumherum des anscheinend bei jungem Publikum (also uns… ;-)) sehr beliebten Teigfladentempels erspart. Besonders deine akribischen Ausführungen zu Interieur, Speisenangebot und Servicesituation verkürzen meinen „Manu-Report“ nicht unerheblich.
Onkel Manu heißt übrigens mit bürgerlichem Namen Emanuele und ist ein äußerst sympathischer und kinderfreundlicher Zeitgenosse, der selbst in der Hektik des florierenden Abendgeschäfts für gute Laune bei unserer Kleinen sorgte. Die Geschichte vom kinderliebenden (Süd-)Italiener trifft auf ihn zu 100% zu. Andere in seinem Serviceteam waren da erheblich stressanfälliger. Oder einfach nur beschäftigter?
Von außen machte das mit einem eindrucksvollen Valoriani-Kuppelofen – mit seinem Hitze-Peak von 400°C quasi der Lamborghini unter den Steinöfen – ausgestattete Lokal keinen besonders einladenden Eindruck.
Nicht einmal ausgewiesene Industrieromantiker würden angesichts der eintönigen Werkshallenoptik hier spontan Station machen, auch wenn der Parkplatz direkt vor dem Haus ein seltener Luxus fürs autofahrende Volk darstellt und sich nebenan noch die ein oder andere handwerklich gebraute Hopfenkaltschale „einfangen“ lässt.
Der Großteil des überwiegend jungen Klientels kommt aber eh lieber mit dem Fahrrad oder den Öffentlichen zur ehemaligen Cornflakesfabrik „auf“ der Muggenburg. So war es wahrscheinlich auch an jenem Abend kurz vor Silvester. Manus Pizzahütte brummte so richtig und ich war froh, dass meine Schwägerin frühzeitig reserviert hatte.
Am Eingang wurden wir nicht gerade überfreundlich empfangen. Die mit ordentlich Man- und Womanpower ausgestattete Servicecrew hatte dafür anscheinend keine Zeit (oder Lust?). Apropos Zeit: auch unsere war an diesem Abend begrenzt, da unser Tisch später bereits wieder vergeben war. Aber seit unser Nachwuchs mit von der Partie ist, hat sich die Verweildauer im Restaurant sowieso drastisch verringert. Also war das nicht wirklich ein Problem.
Unser Vierertisch mit zusätzlichem Kinderstuhl war ganz in der Nähe des gekachelten Tresens, hinter dem die Pizzaiolos (oder heißt es Pizzaioli…?) ihre Rundlinge belegten und in den knapp 400 Grad heißen Ofen schoben, positioniert.
Neben der flotten Fladenfraktion war noch genug Thekenfläche vorhanden, um die dahinter ausgeschenkten Getränke bzw. die Gerichte aus der Küche zu „parken“ und sie dann zügig zu servieren. Das alles ging dem Anschein nach ziemlich reibungslos vonstatten. Ein eingespieltes Team, das hier für raschen Durchlauf sorgte.
Das weißgekachelte Umkleidekabinenambiente mit dem zeitlos-grauen Industrial-Look der von Rohrleitungen und Metallstreben durchzogenen Decke und den obligatorischen Vintage-Hängeleuchten wurde von großformatigen Farbfotografien aus der Heimat sowie mehr oder minder bekannten Persönlichkeiten (diese jedoch komplett in schwarz-weiß) kontrastiert und damit etwas lebendiger gestaltet. Wobei auch ein Bild der argentinischen Fußball-Legende Diego Armando Maradona, der ja lange Zeit für Neapel kickte, in der Reihe der honorigen Schwarz-Weiß-Helden zu finden war. Also so „lebendig“ war die Bildergalerie dann auch wieder nicht.
Um uns herum ging es ziemlich hoch her. Der Geräuschpegel war dementsprechend. Jubel, Trubel, Hungrigkeit – das zeitnah ausgeteilte Speisenprogramm wurde von uns umgehend studiert. Das war in der Papierform schnell durchgeblättert. Eine Handvoll Antipasti-Angebote, zwei Salate, ein paar Focaccia-Gerichte und ein mit Bedacht zusammengetragenes Pizza-Portfolio zeugten von einer auf Qualität basierenden „Weniger-ist-mehr-Attitüde“ des Ladens.
Außerdem bereitete man hier eine frittierte und erst danach belegte Pizza-Spezialität, die sogenannte „Pizza Fritta“, zu. Kannte ich so noch nicht, klang aber zumindest interessant. Die ohne Tomatensauce auskommende „Pizza Bianca“ war mir natürlich ein Begriff, auch wenn ich sie noch nie unter Messer und Gabel hatte. Oder sie „a libretto“, als gefaltetes Pizzaviertel, aus der Hand gegessen habe, wie das scheinbar der echte Neapolitaner tut.
Zum außergewöhnlichen Pizza-Angebot gesellten sich noch ein paar wöchentlich wechselnde Pastateller, die mit Kreide auf einer über dem Tresen hängenden Empfehlungstafel geschrieben standen. Ich zählte fünf an der Zahl. Alles Klassiker der einfachen, italienischen Nudelküche, die sicherlich eine Bestellung wert gewesen wären, klangen sie doch allesamt nach ehrlicher „Cucina della Nonna“.
Und dann wurde auch endlich bestellt. Dem ersten Durst wurde mit einer Flasche San Pellegrino (0,75l für 5,90 Euro), einer kleinen Apfelschorle (0,33l für 3,20 Euro) und einem frisch gezapften Hopfenfänger Kräusen (0,3l für 3,90 Euro) von der benachbarten Craftbeerschmiede entsprochen.
Während sich die beiden Studentinnen am Tisch sowie meine holde Gattin lieber an Sprudelwasser delektierten, erhöhte ich später um einen weiteren Gerstensaft aus der gleichen Manufaktur. Auch das zum gleichen Preis ausgeschenkte Rotbier kam vom Fass. Ein süffiges, mit dezenter Röstmalznote ausgestattetes Bremer Red Ale, dessen Brautradition laut Hersteller bis ins Mittelalter zurückreichen soll. Die Stadtmusikanten ließen grüßen…
Hinter mir auf dem Tresen wartete indes eine großzügig bestückte Antipastiplatte auf ihre/n Empfänger. An dem ganz klassisch mit italienischem Schinken, Salami, Käse, eingelegtem Grillgemüse, Oliven und Büffelmozzarella bestückten Vorspeisenteller wären locker zwei Leute satt geworden. Die 24 Euro, die für dieses Preziosen-Potpourri italienischer Provenienz entrichtet werden sollten, hätte man deutlich schlechter anlegen können.
Aber uns war an jenem Abend nicht nach Vorspeisen zumute. Mir schon gar nicht, hatte ich doch noch die halbe Ente à la Gong Bao aus dem Bambus Garten (siehe vorheriger Bericht!) zu verdauen. Stattdessen orderten wir zweimal die Gnocchi „alla Sorrentina“ in Tomaten-Mozzarellasauce mit Basilikum und geriebenem Parmesan (9,50 Euro), eine rein vegetarische Pizza Parmiggiana (11,50 Euro) mit Pecorino, Ricotta, Grana Padano und gebratenen Auberginen, sowie in Teufels Namen auch eine „Diavolo“ (11 Euro) mit scharfer italienischer Salami, gebratener Paprika und Basilikum. Später wurde noch eine Portion Pizza Brot mit grünem Kräuter-Aioli-Dip (läppische 5,50 Euro) nachgeordert. Zumindest eine der beiden Studentinnen am Tisch hatte ordentlichen Hunger mitgebracht.
Ich hatte mich mal wieder für die pikante Pizzavariante entschieden. Natürlich kam sie in der klassischen Vesuv-Version aus dem Kuppelofen. Das heißt als wulstig aufgeblähtes, teilweise etwas verkohltes Randkissen, in dessen Innerem ein fruchtig-scharfer Belag den fluffig-dünnen Boden überdeckte.
Die scharfe Salami war nicht von schlechten „genitori“. Sie hatte genügend Wumms, um mir ordentlich einzuheizen. Die schwarzen Teighörner wurden ambulant und mit chirurgischer Präzision entfernt. Der Rest war einfach nur ein kulinarischer Kurztrip an den Golf von Napoli. Saftiger die Teigfladen nie gelingen!
Auch meine Schwägerin zeigte sich mit ihrer Parmiggiana hochzufrieden. Mir wären auf der mit diversen Käsesorten belegten Veggie-Platte zu viel sättigende Milcherzeugnisse gewesen, aber sie kam außerordentlich gut damit zurecht.
Meine Gattin teilte ein paar ihrer Gnocchi mit unserer Kleinen, der die fruchtige, nach langem Einkochen schmeckende und vom Mozzarella auf sämiges Niveau gebrachte Tomatensauce auch sehr zusagte. Da störte es auch nicht, dass die für „alla Sorrentina“ typische Schmelzkäseschicht – eigentlich handelt es sich beim Original um eine Art Gnocchi-Auflauf – fehlte.
Natürlich mundeten unserem „ragazza dolce“ die mit ordentlich Parmesanabrieb versehenen Kartoffelnocken am besten. Käse zieht bei unserem Töchterchen nämlich so gut wie immer. Ob die kleinen, fluffigen Engerlinge aus den Äpfeln von Mutter Erde wirklich selbstgemacht waren, vermag ich heute nicht mehr zu beurteilen. Herrlich mürbe waren sie aber definitiv, wie mir meine Frau damals versicherte.
Auch das bereits geachtelte Pizzabrot konnte was. Ein toller, mit Kräutern aromatisierter Italo-Snack, zu dem auch die grüne Knobi-Sauce in der Mitte des Tellers überzeugte. Selbst die zweite Studentin am Tisch war nach dieser Portion, die nach einem Teller Gnocchi quasi als „secondo piatto“ durchging, restlos gesättigt und hisste die weiße Fress-Fahne (Serviette).
Beim Weg nach draußen musste ich über das Pizza-Hawaii-Verbotsschild schmunzeln.
Dass ich erst auf der außen angebrachten Empfehlungstafel von der mit Nduja (ahh, love it!), roten und gelben Tomaten sowie Stracciatella di bufala bestückten „Pizza Special“ erfuhr, verstand ich als Aufforderung zum Wiederkommen.
Könnte durchaus passieren, mein lieber Onkel Manu!